"Pietra leccese" - Der Stein aus Lecce

Das Gestein, das der Reisende bei seiner Ankunft im Salent findet, ist in tausenderlei Formen vom Menschen und der Natur bearbeitet worden. Es läßt sich entdecken in den zahlreichen Menhiren, in den geheimnisvoll versteinerten Dünen, die scharf ins Meer abfallen an der Küste von St. Andrea und in den Wachtürmen, die man benutzte, um vor den Angriffen der Türken zu warnen. Sie markieren den gesamten Küstenstrich. Es ist der Stein, der die alten Städte prägt. Kirchen wurden aus ihm erbaut, Architekten und Bildhauer setzten ihn seit dem 15. Jahrhundert ein, um Fassadenschmuck aus ihm zu erschaffen. Die Fassaden sind bevölkert von lächelnden Engeln und Puttenfiguren, Karyatiden, Götterboten, Säulen, Blumenranken und unendlichen Girlanden. Die Bildhauer schufen damit kulissenartige Straßen, die den Fremden in Erstaunen und Entzücken versetzen können, wie Sirenengesang.
Der Stein, der täglich unzähligen namenlosen Bildhauern und fähigen Steinmetzen Arbeit gibt, entstammt dem Erdboden dieser Region, der ihn für Jahrtausende wie einen im Meer versunkenen Schatz verborgen hielt (ein weniger metaphorisches als reelles Bild, da es sich um ein Sedimentgestein handelt, das sich aus den biologischen Resten des Meeres gebildet hat, wie Schalentieren, Sand, Muscheln). Als feine Körnchen mit Ton- und Salzkristallen vermischt, verdichtet und versteinert, ergibt dies den typischen "pietra leccese" (Stein aus Lecce), der tatsächlich eine geringe Härte aufweist und daher leicht mit Schnitzwerkzeugen zu bearbeiten ist, ganz anders als Marmor oder anderes Kalkgestein (ganz abgesehen vom Granit), das mehr Härte und Farbspiel aufweist und damit eine vollkommen andere Bearbeitung erfordert.
Francesco Vitiello