DIE WASSERFEE
MIT DER GEHEIMNISVOLLEN BLUME

Sie waren alle drei bildschön, die jungen Mädchen, die jeden Sommer ins Primiero heraufkamen, um kleine Sträutsschen zu verkaufen - Sträusschen aus Blumen, die noch niemand gesehen hatte. Aber sie waren nicht nur schön, sondern auch so schüchtern, dass sie bem kleinsten Geräusch fortliefen, und SO schweigsam, dass sie sich einzig mit kurzen Kopfbeweigungen verständlich machten.
Die Leute hatte seltsame Geschichten um sie erfunden: Die einen behaupteten, dass sie keine menschlichen Lebewesen seien, die anderen fügten hinzu, dass es sich wahrscheinlich um Wasserfeen handelte, die tief unten in den Flüssen lebten... Alle diese Geschichten aber machten nicht den geringsten Eindruck auf einen jungen Schäfer namens Siror: Er war hoffnungslos in enes der drei Mädchen verliebt - in die mit den langen, goldfarbenen Haaren. Er liess sie niemals aus den Augen, vernachlässigte seine Herde und die Freunde un folgte ihr überallhin: Schritt für Schritt, von Dorf zu Dorf. Und er griff ein, wenn jemand sie belästigte, und brachte lärmende Sägereien und laut bellende Hunde zum Schweigen.
Doch Siror war auch neugierig und wollte wissen, wo die drei Mädchen eigentlich wohnten. Als es dunkel wurde, ging er nicht wie gewöhnlich nach Hause, sondern versteckte sich und folgte ihnen in einer gewissen Entfernung. Doch welche. Überraschung, als er sah, wie die Mädchen am Ufer des Cismon-Bachs Halt machten, ins Wasser sprangen und fröhlich plätschernd herumschwammen, bis sie sich in drei schöne... Fischotter verwandelten! Vor lauter Schreck stiess der arme Siror einen Schrei aus und fiel ohnmächtig zu Boden.
Die Wasserfeen, pardon: die Fischotter schwammen ans Ufer zurück, kamen aus dem Wasser heraus, verwandelten sich wieder in Frauen und liefen rasch zu Siror hin. Die mit den goldenen Haaren streichelte den wie leblosen Burschen lange und küsste ihn auf die Stirn, auf die Wangen und auf die Lippen:
- Warum hast du mir bis hierher folgen wollen? - flüsterte sie weinend. - Jetzt ist unser Geheimnis gelüftet worden, und wir dürfen uns im Tal nicht mehr sehen lassen: Wir sind dazu verdammt, für immer als Fischotter zu leben, und ich kann dich nie mehr wiedersehen. Doch du wirst immer an mich denken, nicht wahr?
Die anderen beiden Mädchen lösten das Mädchen langsam und behutsam vom Körper des Schäfers und trugen sie ins Wasser, wo sie in den Fluten verschwanden. Alle drei waren wieder zu Fischottern geworden.
Als Siror am Morgen erwachte, glaubte er im ersten Moment, nur geträumt zu hahen: die Wasserfeen, die Fischotter, das Mädchen mit den goldenen Haaren... Er stand traurig seufzend auf und wandte sich um, um den Heimweg anzutreten, als er seinen Augen nicht traute: Die ganze Wiese, auf der er geschlafen hatte, war jetzt über mit kleinen, wunderschöner blauen Blumen bedeckt - mit den Blumen, die die Wasserfeen jeden Sommer im Tal feigeboten hatten. Im selben Augenblick hörte er ein Geräusch im Wasser: Er drehte sich um und sah mitten im Bach einen leichten, goldfarbenen Schaum, und zugleich hörte er seine sanfte Stimme, die ihm sagte:
- Vergiss mein nicht... vergiss mein nicht!.

 


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